Wachstumschancengesetz (k)eine Lösung gegen die wirtschaftliche Lähmung

Das aktuelle Frühjahrsgutachten der ifo Konjunkturprognose beginnt mit den Worten: „Deutsche Wirtschaft wie gelähmt“. Und tatsächlich sind die aktuellen Fakten zur Lage der deutschen Wirtschaft schlecht. Deutschland befindet sich in einer Rezession und das ifo Institut hat seine Winterprognose 2023 nochmals deutlich um 0,7 % herabgesetzt.

Die Ursache für das Desaster liegt zum einen am aktuellen Einbruch an Aufträgen in der Industrie und der Bauwirtschaft, damit einhergehend schlechter Stimmung und hoher Unsicherheit in der Wirtschaft. Zum anderen wurde die Wirtschaft aufgrund hohem Krankenstand und gestiegener Lohnkosten ausgebremst.

Das vom Bundestag am 17.11.2023 beschlossene Wachstumschancengesetz sollte dem Namen nach Wachstumschancen ermöglichen. Der Bundesrat lehnte das Gesetz am 24.11.2023 ab.

Ein Teil der Regelungen wurde daraufhin in das sog. Kreditzweitmarktförderungsgesetz ausgelagert, das bereits zum 15. 12.2023 in Kraft trat. Dieses Gesetz enthält nun auch überraschende steuerliche Regelungen, die man in einem Gesetz dieses Namens nicht vermutet hätte. Diese Änderungen waren aufgrund anderer gesetzlicher Regelungen oder Vorgaben erforderlich geworden.

  • Die Anpassung der Zinsschranke in § 4h EStG und § 8a KStG an die EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD).
  • Die Streichung der Besteuerung der Dezemberhilfe 2022.
  • Die Anpassung der AO und anderer Gesetze an das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG).

Der eigentliche Kern des Wachstumschancengesetz kam jedoch in den Vermittlungsausschuss, wo nun nur noch ein kleiner Teil der ursprünglich vorgesehenen Erleichterungen übrigblieb.

Noch enthaltene Steuererleichterungen Gestrichene Erleichterungen
Klimaschutz- Investitionsprämie
Anhebung der GWG-Grenze auf 1000 €
Verbesserung der Sammelpostenabschreibung bis 5.000 € Anschaffungskosten auf 3 Jahre
Erhöhung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen auf 150 €
Erhöhung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand
Wiedereinführung degressive Abschreibung das 2 fache der linearen Abschreibung, maximal 20 %
Erhöhung der Sonderabschreibung gem. §7g Abs. 5 EStG 40 % Erhöhung der Sonderabschreibung gem. §7g Abs. 5 EStG 50 %
Neueinführung einer degressiven Gebäudeabschreibung in § 7Abs. 5 EStG n. F. 5 % Neueinführung einer degressiven Gebäudeabschreibung in § 7Abs. 5 EStG n. F. 6 %
Verlustvortrag nach §10d EStG größer 1 Mio. € mit 70 % Verlustrücktrag nach §10d EStG größer 1 Mio. € mit 75 %
Anhebung der Freigrenze für Geschenke gem. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG von 35 auf 50 €

Inhaltlich sah das ursprüngliche Wachstumschancengesetz von November 2023 ein Paket mit zahlreichen Steueränderungen mit einer entlastenden Wirkung von ca. 7 Mrd. € jährlich vor. Nach dem Vermittlungsausschuss blieb dann nur noch ein Päckchen – um im Bild zu bleiben- von ca. 3 Mrd. € jährlich übrig. Was davon dann tatsächlich bei Unternehmen und Verbrauchern ankommt, entscheidet die Abstimmung im Bundesrat am 22.03.2024.

Wenn man die im Januar von der Bundesregierung beschlossenen Einsparungen im öffentlichen Haushalt und die damit verbundenen Belastungen oder fehlenden Entlastungen für Unternehmen und Haushalte von ca. 12.Mrd.€ vergleicht, wird deutlich, dass die Wirtschaft nicht so entlastet wird, dass damit eine Trendwende gestartet werden könnte. Allein das Hin und Her oder vielmehr Vor und Zurück über das Wachstumschancengesetz schadet mehr als es nützt. Es zeugt von politischem Streit und verstärkt Unsicherheit.

Die alte Binsenweisheit, dass Unsicherheit Gift für die Wirtschaft ist, ist entweder noch nicht bis in bestimmte politische Kreise vorgedrungen oder aber es ist im politischen Alltag nicht (mehr) möglich wirtschaftspolitisch sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Aktuell könnte man den wirtschaftspolitischen Kurs der Bundesregierung eher als Schaukelpolitik beschreiben. Berühmter Vertreter dieses Politikstils war Otto von Bismarck, der auch den Satz prägte: „Politik ist die Kunst des Möglichen.“

Auch ohne das übliche Ampel Bashing, ist anzuerkennen, dass aufgrund externer Einflüsse und großer globaler Herausforderungen keine einfache politische Situation vorliegt.

  • Krieg in der Ukraine und Sanktionen gegen Russland
  • Überfall auf Israel und in der Folge Krieg gegen die Hamas
  • Huthi Angriffe auf wichtigen Handelsrouten
  • anstehende Wahlen in den USA mit weitreichenden Auswirkungen auf Europa
  • Klimawandel und der Green Deal der EU

Doch bei allem Verständnis für schwierige politische Situationen ist zu berücksichtigen, dass die Wirtschaft eben der Motor ist, der den Sozialstaat Deutschland am Laufen hält. Insofern sollten hier Politiker weise reagieren und mit strategischen Entscheidungen in eine gewünschte Richtung lenken. Alle sollten versuchen das „Mögliche“ erst auszuloten und es dann zu präsentieren. Derzeit verstärkt der politische Kurs die bestehende Angst und Verunsicherung vor Veränderungen. Auch die vorgestellten Lösungen wie zum Beispiel das Wachstumschancengesetz sind keine echten Lösungen gegen die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft. Das spüren Unternehmer aber auch Verbraucher.

Wenn Sie sich für wirtschaftspolitische Sachverhalte und Ihre Auswirkungen auf die Unternehmen bzw. die Jahresabschlüsse von Unternehmen interessieren, ist eine Weiterbildung im Rechnungswesen eine sehr gute Option. Sie können mit jeder kaufmännischen oder verwaltungstechnischen Ausbildung starten und einen Abschluss als Geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) bzw. Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung erwerben. Zum Einstieg in die Materie eignen sich z.B. Weiterbildungen zum Junior oder Senior Accountant, da hier keine Zugangsvoraussetzungen bestehen. Wir von WIRTSCHAFTScampus Dr. Peemöller GmbH unterstützen sie mit einem breiten Angebot an Fernlehrgängen im Bereich Rechnungswesen.

ESG für Bilanzbuchhalter?!

Bilanzbuchhalter: innen, Steuerberater: innen, egal ob selbständig oder angestellt tätig, gelten als Bilanzexperten. Die tägliche Arbeit mit den Finanzkennzahlen von Unternehmen, das Erstellen von finanziellen Berichten wie Bilanz, GuV oder Kapitalflussrechnung gehört hier zur Routine.

Neue Situation durch die CSRD

Durch das Inkrafttreten der CSRD am 5. Januar 2023 ist das Thema der Nachhaltigkeitsberichterstattung tiefgreifend verändert worden. Zum einen wird die Berichterstattung deutlich erweitert und vereinheitlicht. Greenwashing, Korruption und Menschenrechtsverletzungen sollen so verhindert werden. Die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) werden künftig die Berichtsinhalte vereinheitlichen und definieren.

Am 31. Juli 2023 hat die Europäische Kommission nun den endgültigen delegierten Rechtsakt verabschiedet. Es liegen 12 ESRS vor, 2 übergreifende Standards zu Nachhaltigkeitsfragen und 10 themenspezifische Vorgaben zu Umwelt-, Sozial-, und Governance Themen (Environment, Social, Governance – ESG) vor.

Unternehmen, die bisher schon nicht-finanzielle Berichte erstellen müssen, sind verpflichtet ab 2024 die ESRS anzuwenden. Auch für diese großen Unternehmen wächst der Druck. Die jüngste Studie von KPMG zum Thema Umsetzung der neuen ESG-Berichterstattung zeigt, dass selbst diese großen Unternehmen die neuen CSRD-Anforderungen nicht erfüllen. Das liegt sicher zum einen an der Komplexität der Aufgabe zum anderen aber auch an fehlenden Experten.

Auf der anderen Seite ist über die CSRD auch der Anwendungskreis der berichtspflichtigen Unternehmen deutlich ausgeweitet worden. Bisher standen nur große börsennotierte Unternehmen im Fokus. Mit der CSRD werden nun auch kleine und mittlere Unternehmen erfasst, die Kapitalgesellschaften (AG oder GmbH) sind oder Personenhandelsgesellschaften mit ausschließlich haftungsbeschränkten Gesellschaftern (GmbH & Co-KG) sind. Die Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen steigt so auf ca. 50.000 Unternehmen europaweit.

Wer erstellt Nachhaltigkeitsberichte?

In großen börsennotierten Unternehmen erfolgt derzeit eine Aufteilung: eine Abteilung erstellt den Finanzbericht, die andere Abteilung den Nachhaltigkeitsbericht. Doch auch dort wird man enger zusammenrücken und den Weg des sog. Integrated Reporting gehen. In mittelständischen Unternehmen wird aufgrund der Personalknappheit das Thema Nachhaltigkeitsbericht ohnehin im Rechnungswesen verankert werden. Die dort tätigen Bilanzbuchhalter: innen bzw. Controller: innen werden in Zukunft auch Nachhaltigkeitsberichte miterstellen müssen. Doch sind die BC-Experten auf diese Aufgabe vorbereitet?

Ausbildung für BC-Experten

Bisher umfasst der aktuelle Rahmenplan für die Bilanzbuchhalter IHK Weiterbildung keine Erweiterung um eine sog. nicht-finanzielle Berichterstattung. Selbst Personen, die jetzt mit entsprechenden Fortbildungen zum Bilanzbuchhalter/ -in IHK oder Bilanzbuchhalter/ -in International IHK beginnen, erhalten hierüber keine detaillierten Informationen. Das Thema ESG ist nicht in die Rahmenpläne integriert. Ebenso wenig haben die Absolventen früherer Lehrgänge diese Themen behandelt.

Aktuelle Initiativen

EFAA (European Federation of Accountants and Auditors for SMEs)

Die EFAA hat einen Sustainability Reporting Guide im Dezember 2022 veröffentlicht. In dem Leitfaden zur Nachhaltigkeitsberichterstattung werden Hinweise gegeben, wie kleine und mittlere WP-Kanzleien Kapazitäten zur Unterstützung von KMU aufbauen sollen. Dort wird unter Punkt 4 der Hinweis gegeben „eigene Inhouse Kapazitäten aufbauen oder Fachwissen einkaufen“.

Das Einkaufen von Nachhaltigkeitsexperten gestaltet sich jedoch schwierig, der Markt ist leergefegt. Öffentliche und private Unternehmen und Kanzleien suchen Experten in diesem Bereich. Der Anteil von Studiengängen zu Sustainability Management oder integrierten BWL-Studiengängen mit Nachhaltigkeitsthemen ist zwar in den vergangenen Jahren gestiegen, doch wurden die Absolventen seit Beginn des EU Green Deals von den Unternehmen förmlich weggezogen.

 

DRSC und RNE

Das Deutsche Rechnungslegung Standards Committee (DRSC) und der Rat für Nachhaltigkeit (RNE) haben im Herbst 2022 eine Initiative zur Unterstützung von KMU (kleinen und mittleren Unternehmen) bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung gestartet. Die Pilotgruppe trifft sich monatlich und erarbeitet eine Übersicht der Anforderungen, die an KMU gestellt werden. Die Veröffentlichung der Übersicht war für Sommer 2023 geplant.

 

Know-how im Unternehmen aufbauen

Wie dargestellt gibt es nur wenige „Professionals“, die Fachkenntnisse im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung haben. Es bleibt für Unternehmen daher nur der Weg Schritt für Schritt die eigene Fachkompetenz aufzubauen.

BC-Experten verfügen über analytische Fähigkeiten und können Zahlen in verständlicher Form präsentieren. Es ist daher sinnvoll, wenn sich diese Experten über Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung informieren und dann in interdisziplinären Teams bei der Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte mitwirken.

Zunächst sind die Inhalte der ESRS zu verstehen, insbesondere die Bedeutung der sog, doppelten Wesentlichkeit. Weiterhin können dann vertiefte Kenntnisse erworben werden, indem anhand von veröffentlichten Nachhaltigkeitsberichten diskutiert wird, wie eine „best practice“ aussieht und wo das Machbare für das Unternehmen einzuordnen ist. Hier werden sicher auch aufgrund der derzeit wirtschaftlich angespannten Situation Zielkonflikte in den Unternehmen zu Diskussionen führen.

So wie sich eine Nachhaltigkeitsstrategie nicht sofort umsetzen lässt, ist es ein langer Weg einen guten Nachhaltigkeitsbericht zu schreiben. Wichtig ist es jetzt zu starten und die eigene Expertise aufzubauen.

Wir von WIRTSCHAFTScampus Dr. Peemöller GmbH unterstützen sie mit unserem Fernlehrgang zum ESG Compliance Officer. Der Fernlehrgang richtet sich auch an Ersteller von Nachhaltigkeitsberichten, da die Inhalte der ESRS und die praktische Umsetzung für Unternehmen aufgezeigt werden. Der Fernlehrgang beinhaltet drei ausführliche Lehrbriefe und einen Seminartag.

Quellen:
"Der Mittelstand muss sich jetzt auf den Weg machen", Interview mit Prof. Dr. Patrick Velte, haufe.de
Der Druck wächst: Umsetzung der neuen ESG-Berichterstattung, Whitepaper, KPMG
DRSC und RNE starten Pilotgruppe für KMU-Nachhaltigkeitsberichterstattung, News vom 27.10.2022, drsc.de
Nachhaltigkeitsberichterstattung – Wie kleine und mittlere Kanzleien Kapazitäten zur Unterstützung von KMU aufbauen können, European Federation Of Accountants And Auditors For SMES (EFAA), efaa.com

 

KI – Freund oder Feind?

Ein von der KI „DALL·E 2“ erstelltes Bild.

Im November 2022 hat das kalifornische Unternehmen Open AI den Text-Roboter ChatGPT öffentlich nutzbar gemacht. In wenigen Wochen ist weltweit das Interesse an KI (Künstliche Intelligenz) bzw. AI (Artificial Intelligence) und die Diskussion darüber nach oben geschossen.

Frage an ChatGPT: Schreibe 300 Zeichen Vorspann für Blog zum Thema: Brauchen wir Bilanzbuchhalter trotz chatgpt?

„Die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung von Geschäftsprozessen hat in vielen Bereichen zu einem Wandel geführt. Auch in der Buchhaltung hat die Technologie einen großen Einfluss. Mit ChatGPT steht ein leistungsstarkes Tool zur Verfügung, das in der Lage ist, komplexe Aufgaben wie die Buchhaltung zu übernehmen. Doch bedeutet das auch das Aus für Bilanzbuchhalter? Im Blog werden wir diese Frage genauer beleuchten und diskutieren, ob die menschliche Expertise weiterhin unverzichtbar ist und welche Rolle Bilanzbuchhalter in der Zukunft spielen werden.“ ChatGPT

KI Einsatz im Rechnungswesen?
ChatGPT beantwortet Fragen, übersetzt Texte schreibt Prüfungsarbeiten und kann programmieren. Erstaunlich ist wie schnell und sicher die KI Aufgaben löst. KI arbeiten 24/7 und fordern auch nicht höhere Gehälter. Die allgemeine Gefühlslage kann irgendwo zwischen Euphorie und Schock beschrieben werden. Die einen sehen uns in Zukunft nur noch mit leichten Überwachungstätigkeiten für wenige Stunden am Tag beschäftigt, die anderen zeichnen ein düsteres Bild von hoher Arbeitslosigkeit und Armut. Wie wird die KI unseren Berufsalltag verändern? Wird der Beruf des Bilanzbuchhalters, Bilanzbuchhalters International oder Certified IFRS Accountants in Zukunft noch benötigt oder wird automatisiert gebucht und die KI erstellt die Jahresabschlüsse?

Bereits im Kaspersky-Report Teil 5 von September 2020 wird der Frage nachgegangen wie die Arbeitswelt 5.0 unser Leben verändern wird, wenn Maschinen Jobs übernehmen, die einst für Menschen sicher schienen. In einer online Umfrage wurden 1000 Menschen zwischen 16 und 30 Jahren zu Ihrer Wahrnehmung und aktuellen bzw. zukünftigen Verwendung von KI befragt. Es zeigt sich, dass die Altersgruppe, die voraussichtlich am meisten mit KI arbeiten wird, durchaus positiv eingestellt ist. Für ca. 43% wird mit KI die Hoffnung auf ein besseres Leben verbunden. Lediglich 7% sehen in KI ein Horrorszenario.

Nach einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht die Prognose recht düster aus: 9 von 11 Kerntätigkeiten eines Bilanzbuchhalters können automatisiert werden. Das ist jedenfalls die Angabe des job-futuromat mit dem Stand 2021. Unter Berücksichtigung der weiter voranschreitenden Fähigkeiten der KI dürfte die Tendenz steigen.

ChatGPT jedenfalls zeichnet ein erheblich positiveres Bild.

Auf die Frage an ChatGPT: Schreibe 500 Zeichen Blog zum Thema: Brauchen wir Bilanzbuchhalter trotz chatgpt? antwortet ChatGPT wie folgt:

„ChatGPT, ein leistungsstarkes Tool, kann komplexe Aufgaben wie die Buchhaltung übernehmen. Doch bedeutet das auch das Aus für Bilanzbuchhalter?
Die Antwort ist ein klares Nein. ChatGPT kann zwar einige Aufgaben der Buchhaltung automatisieren, aber es fehlt ihm an der menschlichen Expertise, die Bilanzbuchhalter bieten. Bilanzbuchhalter haben nicht nur eine fundierte Ausbildung und Kenntnisse in Steuergesetzen und Bilanzierung, sondern auch die Fähigkeit, komplexe Geschäftsprozesse und Finanzinformationen zu verstehen und zu interpretieren.
Darüber hinaus ist die Arbeit von Bilanzbuchhaltern mehr als nur das Buchen von Belegen und Erstellen von Abschlüssen. Sie unterstützen Unternehmen auch bei der Planung und Steuerung von Finanzprozessen und tragen somit zum Erfolg des Unternehmens bei.“ ChatGPT

Stand der Digitalisierung im Rechnungswesen
Aber wo stehen wir aktuell? Wie weit hat die Digitalisierung und der Einsatz von KI unseren Beruf schon verändert. Hierzu gibt es eine aktuelle Studie „Digitalisierung im Rechnungswesen“, die von KPMG zuletzt 2022 durchgeführt wurde. Die Studie wird inzwischen zum sechsten Mal in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt, so dass auch eine Entwicklung in den Unternehmen verfolgt werden kann.
Themen wie die Homogenisierung der Systemlandschaft (32%) oder die Einführung einer papierlosen Buchhaltung (20%) oder das Management der Stammdaten (20%) sind bereits bei einem Teil der befragten Unternehmen umgesetzt, wohingegen die Standardisierung von Workflows bei der Mehrheit der Unternehmen nur in Teilbereichen realisiert ist oder sich gerade in der Umsetzung befindet.

Viele Themen wie regelbasierte Systeme (RPA), Big Data Analysetools, lernende Systeme oder Einsatz einer Business-Process-Management Plattform zur Automatisierung von Prozessen werden dagegen derzeit nur bei einer sehr geringen Anzahl von Unternehmen genutzt oder sind nur in ersten Pilotprojekten im Einsatz. Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren insbesondere auch durch die Pandemie neue Fahrt aufgenommen. Das Arbeiten im Homeoffice setzt voraus, dass die Daten digital vorhanden sind und alle auf denselben Datensatz zugreifen können.

Schon aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre lässt sich zeigen, dass es wie immer Vor- und Nachteile gibt. Die Flexibilität, die das Homeoffice bringt, möchte heute keiner mehr missen und viele Arbeitnehmer bleiben weiterhin im Homeoffice, obwohl es keinerlei Einschränkungen für ein Arbeiten vor Ort gibt. 28% der kaufmännischen Angestellten und sogar 43 % der Führungskräfte arbeiten aktuell im Homeoffice. Auf der anderen Seite sind viele neue Themen auf die Arbeitnehmer und Unternehmer zugekommen, die gelöst werden mussten: Datensicherheit, Zugriff auf Daten im Homeoffice, längere Kommunikationswege aber auch die sozialen Aspekte wie keine sozialen Kontakte, mangelnde Motivation, Vermischung von Arbeits- und Berufsleben, fehlende Ausstattung des Arbeitsplatzes etc.

Vermutlich wird der Einsatz von KI für das Rechnungswesen in den Unternehmen genauso wenig nur Vor- oder Nachteile mit sich bringen. Erste Projekte zeigen jedoch, dass tendenziell monotone einfache Aufgaben von einer KI schnell gelöst werden können und dadurch Mitarbeiter die Zeit erhalten anspruchsvollere Kontrollaktivitäten auszuüben. Dies ist gerade in Zeiten chronischen Fachkräftemangels ein deutlicher Vorteil.

Bei Vonovia SE müssen beispielsweise mehr als 400 HGB Einzelabschlüsse für die Konzerntochtergesellschaften aufgestellt werden. Man hat den Prozess mit Hilfe eines Bot automatisiert, der die Handelsregisterdaten mit den Buchhaltungsdaten des zentralen ERP Systems verbinden kann. Die beteiligten Mitarbeiter müssen nun eine kontrollierende bzw. korrigierende Tätigkeit statt der eigentlich erstellenden Tätigkeit ausüben. Als Nachteil können jedoch hohe Kosten für den dauerhaft erforderlichen Einsatz von fachlich qualifiziertem Personal aus der IT und der Bilanzierung angeführt werden, da die Systeme gepflegt und laufend angepasst werden müssen.

Müssen wir um unsere Jobs Angst haben?
In den letzten Jahren wurden den Mitarbeitern im Rechnungswesen immer wieder neue Aufgaben übertragen. Das wird wohl auch in Zukunft so bleiben. In den Steuerkanzleien kamen durch die Corona Pandemie und die Corona Hilfen des Staates aber auch durch die Grundsteuer Erklärungen viele zusätzliche Aufgaben, die abgearbeitet werden mussten. In den großen Unternehmen sind durch die vielen Änderungen bei den IFRS-Standards naturgemäß immer neue Herausforderungen zu bewältigen aber auch die Compliance Themen im Bereich Lieferkette und Nachhaltigkeit müssen oft in Zusammenarbeit mit den Fachkräften im Rechnungswesen oder ganz alleine von diesen bewältigt werden.
Gerade das Thema ESG ist ein Bereich, der sich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt hat und derzeit noch überwiegend manuell von den Unternehmen bearbeitet wird. Hier hofft der ein oder andere Mitarbeiter sicher auf mehr digitale Prozesse. KI könnte hier helfen, aber wie der Blick in die aktuelle Situation zeigt, stehen viele Unternehmen bei der Digitalisierung noch mitten in Projekten, die eigentlich nur die Voraussetzung für die Automatisierung von Prozessen sind.

Zukunftsaussichten
So bleibt festzuhalten, dass es sicher auch im Rechnungswesen zu einer Veränderung des Berufsbildes kommen wird, aber die bisherige Entwicklung zeigt, dass die Veränderung nicht schlagartig geschieht. Hohe Investitionen in den Unternehmen sind erforderlich und es fehlt an Spezialisten in der IT, so dass die Prozesse nicht so schnell umgesetzt werden können. Das Berufsbild eines Bilanzbuchhalters hat sich auch in der Vergangenheit verändert und hat heute sicher nichts mehr mit dem Buchhalter aus vergangenen Zeiten zu tun. Die junge Generation zwischen 16 und 30 Jahren ist die erste Generation von digital natives und auch gegenüber KI aufgeschlossen. Ob der Kollege KI Grund zur Hoffnung auf ein besseres Leben gibt, sei dahingestellt. Aber anders wird es werden.

Spezialisten im Rechnungswesen werden dennoch weiterhin benötigt, einerseits weil kontrollierende Aufgaben zu erfüllen sind, aber andererseits auch um die Automatisierung der Prozesse überhaupt durchführen zu können. Bei der aktuellen Überlastung im Berufsstand und den Schwierigkeiten Fachkräfte zu finden, scheinen die Chancen durch den Einsatz von KI die Risiken zu übertreffen. Vielleicht wird das Jahr 2022 mit der Veröffentlichung von ChatGPT als Meilenstein in die Geschichte eingehen? Dies zuverlässig zu beurteilen, wird aber erst in einiger Zeit in einem Rückblick möglich sein.

Derzeit kann nur der Rat an die Fachkräfte im Rechnungswesen gegeben werden, sich zu Spezialisieren und sich durch entsprechende Weiterbildungen als Bilanzbuchhalter, Bilanzbuchhalter International oder Certified IFRS Accountant zu qualifizieren. Dies stärkt die aktuelle Position und bereitet auf anspruchsvolle Aufgaben vor. Auch übergreifende methodische Fähigkeiten im Bereich Controlling, Compliance und IT sind gesucht und werden weiterhin gefragt sein. Auch hier gilt ein Blick über den Tellerrand ist lohnend.

Quellen:
Kaspersky, Schöne neue Jobwelt? Arbeit 5.0: Wie die Deutschen unter 31 den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt von morgen beurteilen. (07.09.20)
KPMG, Digitalisierung im Rechnungswesen, Ausgabe 2022/2023, Studie