KI – Freund oder Feind?

Ein von der KI „DALL·E 2“ erstelltes Bild.

Im November 2022 hat das kalifornische Unternehmen Open AI den Text-Roboter ChatGPT öffentlich nutzbar gemacht. In wenigen Wochen ist weltweit das Interesse an KI (Künstliche Intelligenz) bzw. AI (Artificial Intelligence) und die Diskussion darüber nach oben geschossen.

Frage an ChatGPT: Schreibe 300 Zeichen Vorspann für Blog zum Thema: Brauchen wir Bilanzbuchhalter trotz chatgpt?

„Die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung von Geschäftsprozessen hat in vielen Bereichen zu einem Wandel geführt. Auch in der Buchhaltung hat die Technologie einen großen Einfluss. Mit ChatGPT steht ein leistungsstarkes Tool zur Verfügung, das in der Lage ist, komplexe Aufgaben wie die Buchhaltung zu übernehmen. Doch bedeutet das auch das Aus für Bilanzbuchhalter? Im Blog werden wir diese Frage genauer beleuchten und diskutieren, ob die menschliche Expertise weiterhin unverzichtbar ist und welche Rolle Bilanzbuchhalter in der Zukunft spielen werden.“ ChatGPT

KI Einsatz im Rechnungswesen?
ChatGPT beantwortet Fragen, übersetzt Texte schreibt Prüfungsarbeiten und kann programmieren. Erstaunlich ist wie schnell und sicher die KI Aufgaben löst. KI arbeiten 24/7 und fordern auch nicht höhere Gehälter. Die allgemeine Gefühlslage kann irgendwo zwischen Euphorie und Schock beschrieben werden. Die einen sehen uns in Zukunft nur noch mit leichten Überwachungstätigkeiten für wenige Stunden am Tag beschäftigt, die anderen zeichnen ein düsteres Bild von hoher Arbeitslosigkeit und Armut. Wie wird die KI unseren Berufsalltag verändern? Wird der Beruf des Bilanzbuchhalters, Bilanzbuchhalters International oder Certified IFRS Accountants in Zukunft noch benötigt oder wird automatisiert gebucht und die KI erstellt die Jahresabschlüsse?

Bereits im Kaspersky-Report Teil 5 von September 2020 wird der Frage nachgegangen wie die Arbeitswelt 5.0 unser Leben verändern wird, wenn Maschinen Jobs übernehmen, die einst für Menschen sicher schienen. In einer online Umfrage wurden 1000 Menschen zwischen 16 und 30 Jahren zu Ihrer Wahrnehmung und aktuellen bzw. zukünftigen Verwendung von KI befragt. Es zeigt sich, dass die Altersgruppe, die voraussichtlich am meisten mit KI arbeiten wird, durchaus positiv eingestellt ist. Für ca. 43% wird mit KI die Hoffnung auf ein besseres Leben verbunden. Lediglich 7% sehen in KI ein Horrorszenario.

Nach einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht die Prognose recht düster aus: 9 von 11 Kerntätigkeiten eines Bilanzbuchhalters können automatisiert werden. Das ist jedenfalls die Angabe des job-futuromat mit dem Stand 2021. Unter Berücksichtigung der weiter voranschreitenden Fähigkeiten der KI dürfte die Tendenz steigen.

ChatGPT jedenfalls zeichnet ein erheblich positiveres Bild.

Auf die Frage an ChatGPT: Schreibe 500 Zeichen Blog zum Thema: Brauchen wir Bilanzbuchhalter trotz chatgpt? antwortet ChatGPT wie folgt:

„ChatGPT, ein leistungsstarkes Tool, kann komplexe Aufgaben wie die Buchhaltung übernehmen. Doch bedeutet das auch das Aus für Bilanzbuchhalter?
Die Antwort ist ein klares Nein. ChatGPT kann zwar einige Aufgaben der Buchhaltung automatisieren, aber es fehlt ihm an der menschlichen Expertise, die Bilanzbuchhalter bieten. Bilanzbuchhalter haben nicht nur eine fundierte Ausbildung und Kenntnisse in Steuergesetzen und Bilanzierung, sondern auch die Fähigkeit, komplexe Geschäftsprozesse und Finanzinformationen zu verstehen und zu interpretieren.
Darüber hinaus ist die Arbeit von Bilanzbuchhaltern mehr als nur das Buchen von Belegen und Erstellen von Abschlüssen. Sie unterstützen Unternehmen auch bei der Planung und Steuerung von Finanzprozessen und tragen somit zum Erfolg des Unternehmens bei.“ ChatGPT

Stand der Digitalisierung im Rechnungswesen
Aber wo stehen wir aktuell? Wie weit hat die Digitalisierung und der Einsatz von KI unseren Beruf schon verändert. Hierzu gibt es eine aktuelle Studie „Digitalisierung im Rechnungswesen“, die von KPMG zuletzt 2022 durchgeführt wurde. Die Studie wird inzwischen zum sechsten Mal in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt, so dass auch eine Entwicklung in den Unternehmen verfolgt werden kann.
Themen wie die Homogenisierung der Systemlandschaft (32%) oder die Einführung einer papierlosen Buchhaltung (20%) oder das Management der Stammdaten (20%) sind bereits bei einem Teil der befragten Unternehmen umgesetzt, wohingegen die Standardisierung von Workflows bei der Mehrheit der Unternehmen nur in Teilbereichen realisiert ist oder sich gerade in der Umsetzung befindet.

Viele Themen wie regelbasierte Systeme (RPA), Big Data Analysetools, lernende Systeme oder Einsatz einer Business-Process-Management Plattform zur Automatisierung von Prozessen werden dagegen derzeit nur bei einer sehr geringen Anzahl von Unternehmen genutzt oder sind nur in ersten Pilotprojekten im Einsatz. Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren insbesondere auch durch die Pandemie neue Fahrt aufgenommen. Das Arbeiten im Homeoffice setzt voraus, dass die Daten digital vorhanden sind und alle auf denselben Datensatz zugreifen können.

Schon aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre lässt sich zeigen, dass es wie immer Vor- und Nachteile gibt. Die Flexibilität, die das Homeoffice bringt, möchte heute keiner mehr missen und viele Arbeitnehmer bleiben weiterhin im Homeoffice, obwohl es keinerlei Einschränkungen für ein Arbeiten vor Ort gibt. 28% der kaufmännischen Angestellten und sogar 43 % der Führungskräfte arbeiten aktuell im Homeoffice. Auf der anderen Seite sind viele neue Themen auf die Arbeitnehmer und Unternehmer zugekommen, die gelöst werden mussten: Datensicherheit, Zugriff auf Daten im Homeoffice, längere Kommunikationswege aber auch die sozialen Aspekte wie keine sozialen Kontakte, mangelnde Motivation, Vermischung von Arbeits- und Berufsleben, fehlende Ausstattung des Arbeitsplatzes etc.

Vermutlich wird der Einsatz von KI für das Rechnungswesen in den Unternehmen genauso wenig nur Vor- oder Nachteile mit sich bringen. Erste Projekte zeigen jedoch, dass tendenziell monotone einfache Aufgaben von einer KI schnell gelöst werden können und dadurch Mitarbeiter die Zeit erhalten anspruchsvollere Kontrollaktivitäten auszuüben. Dies ist gerade in Zeiten chronischen Fachkräftemangels ein deutlicher Vorteil.

Bei Vonovia SE müssen beispielsweise mehr als 400 HGB Einzelabschlüsse für die Konzerntochtergesellschaften aufgestellt werden. Man hat den Prozess mit Hilfe eines Bot automatisiert, der die Handelsregisterdaten mit den Buchhaltungsdaten des zentralen ERP Systems verbinden kann. Die beteiligten Mitarbeiter müssen nun eine kontrollierende bzw. korrigierende Tätigkeit statt der eigentlich erstellenden Tätigkeit ausüben. Als Nachteil können jedoch hohe Kosten für den dauerhaft erforderlichen Einsatz von fachlich qualifiziertem Personal aus der IT und der Bilanzierung angeführt werden, da die Systeme gepflegt und laufend angepasst werden müssen.

Müssen wir um unsere Jobs Angst haben?
In den letzten Jahren wurden den Mitarbeitern im Rechnungswesen immer wieder neue Aufgaben übertragen. Das wird wohl auch in Zukunft so bleiben. In den Steuerkanzleien kamen durch die Corona Pandemie und die Corona Hilfen des Staates aber auch durch die Grundsteuer Erklärungen viele zusätzliche Aufgaben, die abgearbeitet werden mussten. In den großen Unternehmen sind durch die vielen Änderungen bei den IFRS-Standards naturgemäß immer neue Herausforderungen zu bewältigen aber auch die Compliance Themen im Bereich Lieferkette und Nachhaltigkeit müssen oft in Zusammenarbeit mit den Fachkräften im Rechnungswesen oder ganz alleine von diesen bewältigt werden.
Gerade das Thema ESG ist ein Bereich, der sich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt hat und derzeit noch überwiegend manuell von den Unternehmen bearbeitet wird. Hier hofft der ein oder andere Mitarbeiter sicher auf mehr digitale Prozesse. KI könnte hier helfen, aber wie der Blick in die aktuelle Situation zeigt, stehen viele Unternehmen bei der Digitalisierung noch mitten in Projekten, die eigentlich nur die Voraussetzung für die Automatisierung von Prozessen sind.

Zukunftsaussichten
So bleibt festzuhalten, dass es sicher auch im Rechnungswesen zu einer Veränderung des Berufsbildes kommen wird, aber die bisherige Entwicklung zeigt, dass die Veränderung nicht schlagartig geschieht. Hohe Investitionen in den Unternehmen sind erforderlich und es fehlt an Spezialisten in der IT, so dass die Prozesse nicht so schnell umgesetzt werden können. Das Berufsbild eines Bilanzbuchhalters hat sich auch in der Vergangenheit verändert und hat heute sicher nichts mehr mit dem Buchhalter aus vergangenen Zeiten zu tun. Die junge Generation zwischen 16 und 30 Jahren ist die erste Generation von digital natives und auch gegenüber KI aufgeschlossen. Ob der Kollege KI Grund zur Hoffnung auf ein besseres Leben gibt, sei dahingestellt. Aber anders wird es werden.

Spezialisten im Rechnungswesen werden dennoch weiterhin benötigt, einerseits weil kontrollierende Aufgaben zu erfüllen sind, aber andererseits auch um die Automatisierung der Prozesse überhaupt durchführen zu können. Bei der aktuellen Überlastung im Berufsstand und den Schwierigkeiten Fachkräfte zu finden, scheinen die Chancen durch den Einsatz von KI die Risiken zu übertreffen. Vielleicht wird das Jahr 2022 mit der Veröffentlichung von ChatGPT als Meilenstein in die Geschichte eingehen? Dies zuverlässig zu beurteilen, wird aber erst in einiger Zeit in einem Rückblick möglich sein.

Derzeit kann nur der Rat an die Fachkräfte im Rechnungswesen gegeben werden, sich zu Spezialisieren und sich durch entsprechende Weiterbildungen als Bilanzbuchhalter, Bilanzbuchhalter International oder Certified IFRS Accountant zu qualifizieren. Dies stärkt die aktuelle Position und bereitet auf anspruchsvolle Aufgaben vor. Auch übergreifende methodische Fähigkeiten im Bereich Controlling, Compliance und IT sind gesucht und werden weiterhin gefragt sein. Auch hier gilt ein Blick über den Tellerrand ist lohnend.

Quellen:
Kaspersky, Schöne neue Jobwelt? Arbeit 5.0: Wie die Deutschen unter 31 den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt von morgen beurteilen. (07.09.20)
KPMG, Digitalisierung im Rechnungswesen, Ausgabe 2022/2023, Studie