Nachdem wir in unserem ersten Teil des Blogbeitrags zum Thema ESG und IKS die Entwicklungen und Hintergründe zu dieser Thematik dargestellt gaben, zeigt der zweite Teil des Blogs praxisbezogene Beispiele, warum die Notwendigkeit und ein aktuelles Handeln für jedes Unternehmen (überlebens-) wichtig ist.
Es folgen drei Beispiele aus den letzten Jahren, bei denen ein Internes Kontrollsystem (IKS) für ESG und Nachhaltigkeit negative Ereignisse hätte verhindern können. Diese Beispiele aus der aktuellen Wirtschaft verdeutlichen, wie wichtig es ist, in der heutigen Zeit nicht nur auf die Compliance zu achten, sondern auch proaktiv Risiken zu managen.
H&M – Nachhaltigkeitskritik und „Greenwashing“-Vorwürfe (2021)
Hintergrund:
Im Jahr 2021 geriet der Modegigant H&M in die Kritik, nachdem verschiedene Medienberichte und Aktivisten ihm vorwarfen, Greenwashing zu betreiben. Das Unternehmen hatte sich öffentlich als nachhaltig positioniert und betonte in seinen Marketingkampagnen die Verwendung von umweltfreundlichen Materialien. Doch gleichzeitig wurden Vorwürfe laut, dass H&M in Wirklichkeit weiterhin unfaire Arbeitspraktiken in seiner Lieferkette tolerierte und viele Produkte in Ländern mit geringen Umwelt- und Arbeitsstandards produzierte.
Wie ein IKS den Vorwurf des Greenwashing verhindert hätte:
Ein robustes Internes Kontrollsystem für ESG hätte in diesem Fall nicht nur die Umweltauswirkungen der Produktion überwacht, sondern auch die sozialen Standards und Arbeitsbedingungen in der gesamten Lieferkette regelmäßig geprüft. Durch transparente, regelmäßige Audits und die Integration von unabhängigen Zertifizierungen hätte H&M sicherstellen können, dass ihre Nachhaltigkeits- und Sozialpraktiken mit den öffentlichen Aussagen übereinstimmen.
Kontrollmaßnahmen:
Regelmäßige und unabhängige Audits der Zulieferer, umfassende Lieferantentransparenz und die Einführung eines echten Nachhaltigkeitszertifizierungssystems für alle Produkte, das über Marketingaussagen hinausgeht
Folgen ohne IKS:
Die Vorwürfe des Greenwashings führten zu einem Vertrauensverlust bei Verbrauchern und Investoren, zu Kritik von Umweltschutzorganisationen und möglicherweise zu einem rückläufigen Umsatzwachstum, da immer mehr Kunden nach authentischen und transparenten Marken suchen.
Fazit:
Ein effektives IKS hätte dazu beigetragen, dass H&M nicht nur ihre Marketingstrategien transparent und glaubwürdig gestalten könnte, sondern auch sicherstellen könnte, dass die Lieferkette tatsächlich nachhaltig und ethisch korrekt arbeitete. Dadurch wären die Greenwashing-Vorwürfe vermieden worden.
Amazon – Arbeitsbedingungen in den Lagerhäusern (2021-2022)
Hintergrund:
Der Onlinehändler Amazon stand in den letzten Jahren wiederholt in der Kritik, weil unfaire Arbeitsbedingungen in seinen Lagerhäusern weltweit dokumentiert wurden. Berichte von Mitarbeitern und Enthüllungen über niedrige Löhne, hohe Arbeitsbelastung und unzureichende Sicherheitsvorkehrungen sorgten für negative Schlagzeilen. Besonders während der COVID-Pandemie wurden die Arbeitsbedingungen als besonders problematisch wahrgenommen. Im Jahr 2021 kamen Berichte über ein Lagerhaus in Bessemer, Alabama, in dem Amazon versuchte, eine Gewerkschaftsbildung zu verhindern, was zu weiteren negativen Medienberichten und einem öffentlichen Aufschrei führte.
Wie ein IKS den Vorfall hätte verhindern können:
Ein Internes Kontrollsystem, das auf soziale Verantwortung und die Überwachung der Arbeitsbedingungen ausgerichtet ist, hätte hier frühzeitig potenzielle Probleme erkannt und durch Maßnahmen wie regelmäßige interne Audits und externe Überprüfungen durch unabhängige Organisationen verhindern können, dass solche Verstöße gegen Arbeitsrechte und -standards eskalieren.
Kontrollmaßnahmen:
Einführung eines systematischen Audits für Arbeitsbedingungen in allen Amazon -Lagern, regelmäßige Mitarbeiterbefragungen, Überwachung von Arbeitszeitvorgaben, Sicherheitsprotokollen und Lohntransparenz.
Folgen ohne IKS:
Der Mangel an klaren, internen Kontrollen führte zu öffentlicher Empörung, negativen Medienberichten und Reputationsschäden, die das Vertrauen der Kunden und Mitarbeiter beeinträchtigten. Zudem mussten rechtliche und politische Auseinandersetzungen geführt werden, da die Vorwürfe in verschiedenen Ländern zu Untersuchungen führten.
Fazit:
Ein IKS, dass die Einhaltung von Sozialstandards und Arbeitsrechten aktiv überwacht, hätte Amazon dabei geholfen, präventiv auf kritische Arbeitsbedingungen in den Lagern zu reagieren. Das Unternehmen hätte möglicherweise den Reputationsschaden und die rechtlichen Konsequenzen vermeiden können.
Shell – Klage wegen Klimafolgen (2021)
Hintergrund:
Im Jahr 2021 fällte ein europäisches Gericht ein historisches Urteil gegen das Mineralöl- und Erdgasunternehmen Shell: Das Unternehmen wurde verpflichtet, seine CO₂-Emissionen bis 2030 um 45% im Vergleich zu den 2019-Werten zu senken. Das Gericht stellte fest, dass Shell gegen die Menschenrechte verstößt, da die anhaltenden CO₂-Emissionen zur Erschöpfung der natürlichen Ressourcen und zu Klimafolgen führen, die vor allem die ärmsten Bevölkerungsgruppen der Welt betreffen. Dieses Urteil ist ein wichtiger Meilenstein im Bereich der Klimaforderungen und markiert die erste gerichtliche Entscheidung, die ein Unternehmen zur Reduzierung der Emissionen verpflichtet.
Wie ein IKS den Vorfall hätte verhindern können:
Ein Internes Kontrollsystem für ESG hätte in diesem Fall dazu beitragen können, dass Shell nicht nur interne Klimaziele formuliert, sondern diese auch systematisch überprüft und implementiert. Die regelmäßige Überprüfung der Emissionsstrategien und die Integration von Klimarisiko-Management in die Unternehmensstrategie hätte das Unternehmen gezwungen, deutlich ambitioniertere Maßnahmen zur Emissionsreduzierung zu ergreifen, bevor es zu rechtlichen Schritten kam.
Kontrollmaßnahmen:
Implementierung eines Klimarisiko-Managementsystems, das regelmäßig die Einhaltung von Klimazielen überwacht, interne CO₂-Reduktionsziele überprüft und sicherstellt, dass alle strategischen Entscheidungen auch den ESG-Vorgaben entsprechen.
Folgen ohne IKS:
Ohne ein funktionierendes IKS, das auf ESG und Nachhaltigkeit fokussiert ist, blieb die Umstellung auf eine klimafreundliche Unternehmensstrategie auf der Strecke. Shell musste sich nicht nur einem Gerichtsurteil stellen, sondern auch einem enormen Reputationsverlust, da das Unternehmen weltweit unter Druck geriet, seine ESG-Strategien zu überarbeiten.
Fazit:
Ein effektives IKS hätte Shell in der Lage versetzt, frühzeitig Maßnahmen zur Emissionsreduzierung umzusetzen und sich so nicht nur rechtlichen Herausforderungen zu stellen, sondern auch von Anfang an die richtigen ESG-Standards zu verfolgen, um zukünftige juristische und öffentliche Herausforderungen zu vermeiden.
ESG-IKS: Ein unverzichtbares strategisches Werkzeug
In einer Welt, die immer mehr von Nachhaltigkeit, Verantwortung und Transparenz bestimmt wird, ist es für Unternehmen nicht mehr möglich, ESG-Überlegungen „nebenbei“ zu behandeln. Um ESG-Ziele effektiv zu verfolgen, Risiken zu managen und rechtliche Vorgaben einzuhalten, ist ein internes Kontrollsystem für ESG und Nachhaltigkeit entscheidend.
Die Einführung eines IKS für ESG stellt nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung dar, sondern bietet auch die Gelegenheit, das Unternehmen zukunftssicher zu machen, das Vertrauen der Stakeholder zu gewinnen und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Unabhängig von der Größe eines Unternehmens stellt die Implementierung eines ESG-IKS eine zukunftsorientierte Investition dar, die sich lohnen wird.
Internes Kontrollsystem für ESG – Neue Weiterbildung ab 2025 mit Zertifizierung
Genau auf diese Erkenntnis und die aktuellen und neuen Anforderungen und Regularien baut unsere neue Weiterbildung im Bereich ESG und Compliance auf.
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