Export Compliance: Umgehungsgeschäfte im Fokus

Seit März 2014 hat die EU schrittweise restriktive Maßnahmen gegen Russland verhängt. Als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ab 24. Februar 2022 hat die EU dann eine Reihe massiver und beispielloser Sanktionen gegen Russland ergriffen.

Außenhandel mit GUS-Staaten

Nach Angaben der Europäischen Kommission betraf das Verbot der EU seit Februar 2022 Waren im Wert von 43,9 Mrd. €, die nach Russland ausgeführt worden wären, und Güter im Wert von 91,2 Mrd. €, die aus Russland eingeführt worden wären. Das bedeutet, dass 2022 im Vergleich zum Handelsvolumen von 2021 49 % der Ausfuhren und 58 % der Einfuhren sanktioniert wurden.


Grafik: © WIRTSCHAFTScampus 2024

Allerdings wurde auch immer wieder von Umgehungsgeschäften über russlandnahe Staaten wie Kasachstan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten berichtet.
Im Verhältnis zu der Zeit vor dem Angriffskrieg ist ein starker Anstieg der Exporte in die GUS-Staaten zu beobachten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, stiegen die Exporte Januar bis April 2023 in diese Staaten damit um 1,5 Milliarden Euro gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorkriegsjahres 2021 (1,4 Milliarden Euro), sie haben sich also mehr als verdoppelt (+106,4 %).

Bereits am 23. Juni 2023 hatte der Europäische Rat daher das 11. Sanktionspaket mit wirtschaftlichen und individuellen Sanktionen verabschiedet. Der Fokus lag auf einer wirksameren Durchsetzung und Umsetzung der Sanktionen sowie auf der weiteren Bekämpfung und Verhinderung der Umgehung von Sanktionen gegen Russland.

Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine ist jedoch weiterhin ein Anstieg der deutschen Exporte in die GUS-Staaten (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, hier: ohne Russland) zu beobachten. So wurden von Januar bis Oktober 2023 Waren im Wert von 7,3 Milliarden Euro aus Deutschland in die GUS-Staaten exportiert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, stiegen die Exporte in diese Staaten damit um 1,7 Milliarden Euro oder 30,0 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum 2022. Die deutschen Exporte in die Russische Föderation sanken im selben Zeitraum um 4,9 Milliarden Euro oder 39,1 % auf 7,6 Milliarden Euro.
Die meisten deutschen Warenexporte in die GUS-Staaten gingen von Januar bis Oktober 2023 nach Kasachstan (2,8 Milliarden Euro). Die Exporte nach Kasachstan waren damit um 0,7 Milliarden Euro oder 32,0 % höher als in den ersten zehn Monaten des Jahres 2022. In der Rangfolge der wichtigsten Empfängerstaaten deutscher Waren belegte Kasachstan damit Rang 51 (Januar bis Oktober 2022: Rang 55). Die Exporte nach Belarus nahmen um 0,4 Milliarden Euro oder 40,8 % auf 1,5 Milliarden Euro zu, während die Exporte nach Usbekistan um 37 Millionen Euro oder 4,2 % auf 846 Millionen Euro sanken. Die deutschen Exporte nach Kirgisistan stiegen in diesem Zeitraum um 380 Millionen Euro oder 180,1 % auf 591 Millionen Euro.
Auch das ifo Institut hat in einer im Februar 2024 veröffentlichten Studie festgestellt: Russland umgeht die Sanktionen bei westlichen Gütern vor allem über die GUS-Länder in Zentralasien sowie die Türkei. Dies zeigen Untersuchungen des ifo Instituts zu Handelsdaten für sanktionierte Güter. Untersucht wurden Güter, die kritisch für die russische Wirtschaft oder wichtig für die Militärindustrie sind, wie Fahrzeuge, Kugel- und Rollenlager. „Armenien, Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan und die Türkei haben im Jahr 2022 50mal mehr Güter nach Russland exportiert, die kritisch für die russische Wirtschaft oder wichtig für die Militärindustrie sind, als sie 2019 an allgemeinen Gütern in alle Zielländer exportiert haben.


Grafik: © WIRTSCHAFTScampus 2024

Auch die Schweiz hat die Sanktionen der EU gegen Russland übernommen. Aber auch hier konnten Indizien für Umgehungsgeschäfte beobachtet werden. So haben sich die Exporte nach Armenien inklusive nicht sanktionierter Pharmaprodukte im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. Gleichzeitig sind die Exporte aus Armenien nach Russland um 198 % gestiegen. Die Weiterleitung von Gütern über Drittstaaten findet auch über China oder die Türkei statt.

Aktuelle Sanktionen der EU gegen Russland

Am 18. Dezember 2023 haben die EU-Staaten als Reaktion das 12. Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Das Ziel des Sanktionspakets war wiederum Russland seine verbliebenen Einnahmemöglichkeiten aus dem Rohstoffexport nach Europa zu entziehen. Der Direktimport von Diamanten aus Russland wurde dadurch ab 1.1.2024 verboten, weitere Einfuhrverbote für Edelsteine, die in Drittländern bearbeitet wurden, greifen ab März 2024.

Die bereits im 11. Sanktionspaket eingeführten Maßnahmen, die eine Umgehung der Sanktionen verhindern sollen, werden verschärft. Betroffen sind nun auch Software-Exporte. Das bestehende Verbot der Erbringung von Dienstleistungen, das in Artikel 5n der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates festgelegt ist, wurde dahingehend erweitert, dass es auch das Verbot umfasst, Software für die Verwaltung von Unternehmen und Software für industrielles Design und industrielle Fertigung, wie sie in Anhang XXXIX der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates aufgeführt sind, direkt oder indirekt an die russische Regierung oder an juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen mit Sitz in Russland zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben, auszuführen oder bereitzustellen.

Im neuen Anhang XXXIX der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates ist genau angegeben, welche Software unter die Beschränkungen fällt:

  1. Software für das Management von Unternehmen, d.h. Systeme, die alle in einem Unternehmen ablaufenden Prozesse digital abbilden und steuern, einschließlich:

    • Unternehmensressourcenplanung (ERP),
    • Kundenbeziehungsmanagement (CRM),
    • Business Intelligence (BI),
    • Lieferkettenmanagement (SCM),
    • Unternehmensdatenbank (EDW),
    • computergestütztes Wartungsmanagementsystem (CMMS),
    • Projektmanagementsoftware,
    • Produktlebenszyklus-Management (PLM),
    • typische Komponenten der oben genannten Pakete, einschließlich Software für Buchhaltung, Flottenmanagement, Logistik und Personalwesen
  2.  

  3. Design- und Fertigungssoftware, die in den Bereichen Architektur, Ingenieurwesen, Bauwesen, Fertigung, Medien, Bildung und Unterhaltung eingesetzt wird, einschließlich:

    • Gebäudedatenmodellierung (BIM),
    • computergestütztes Design (CAD),
    • computergestützte Fertigung (CAM),
    • Ingenieur auf Bestellung (ETO),
    • typische Bestandteile der oben genannten Pakete.

Künftig müssen EU-Exporteure bei Verkauf, Lieferung, Weitergabe oder Ausfuhr von bestimmten gelisteten Gütern und Technologien in ein Drittland vertraglich untersagen, dass diese nach Russland oder zur Verwendung in Russland weiterexportiert werden („No-Russia-Klausel“).
Die folgenden Güter und Technologien fallen unter die Pflicht zur Verwendung einer „No-Russia“ Vertragsklausel:

  • Luftfahrzeuge, Raumfahrzeuge und Teile davon, die in Anhang XI der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates aufgeführt sind
  • Flugturbinenkraftstoff und Kraftstoffadditive, die in Anhang XX der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates aufgeführt sind
  • Feuerwaffen und andere Waffen, die in Anhang XXXV der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates aufgeführt sind
  • Gemeinsame Güter mit hoher Priorität, z. B. 8542.31 Elektronische integrierte Schaltungen, wie im neuen Anhang XL der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates aufgeführt
  • Feuerwaffen, deren Teile und wesentliche Komponenten sowie Munition im Sinne von Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 des Rates.

Hiervon ausgenommen sind Ausfuhren in bestimmte Partnerländer aus Anhang VIII (derzeit USA, Japan, Vereinigtes Königreich, Südkorea, Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen und die Schweiz).

Pünktlich zum 2. Jahrestag des Kriegsbeginns am 23.2.2024 wurde das 13. Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Erstmals beinhaltet das Paket Maßnahmen gegen Unternehmen aus China, Indien und der Türkei. Die Sanktionsliste wird um weitere 106 natürliche und 88 juristische Personen ergänzt. Somit laufen derzeit Sanktionen gegen 1718 Personen und 419 Einrichtungen. Aufgrund der Sanktionen sind derzeit in der EU 21,5 Mrd. € an Vermögenswerten eingefroren und 300 Mrd. € an Vermögenswerten der russischen Zentralbank in der EU und den G7-Ländern blockiert.

Auswirkung auf Exporteure

Für exportorientierte Unternehmen in Europa stellt die Regelungsflut ein enormes Gefahrenpotential dar, Compliance Verstöße zu begehen. Der Handel mit bestimmten Waren kann während des Transports zu Sanktionsverstößen führen, wenn die Waren während des Transports als sanktioniert eingestuft werden, obwohl sie zum Zeitpunkt des Kaufs nicht sanktioniert waren. Der Krieg gegen die Ukraine wird voraussichtlich noch andauern, so dass mit einer Ausweitung der Sanktionen und einer weiteren Fokussierung auf Umgehungsgeschäfte zu rechnen ist. Exporte in Länder, die heute unproblematisch sind, könnten schon in naher Zukunft sanktioniert werden.

Export Compliance

Die europäische Kommission hat einen Leitfaden herausgegeben, der Unternehmen helfen soll, Warnsignale für Umgehungsgeschäfte zu erkennen. In den FAQs der Europäischen Kommission heißt es: „Es gibt kein einheitliches Modell der Sorgfaltspflicht.“ Sie kann von den geschäftlichen Besonderheiten und der damit verbundenen Risikoexposition abhängen und entsprechend kalibriert werden. Es ist Sache jedes Betreibers, ein Programm zur Einhaltung von EU-Sanktionen zu entwickeln, umzusetzen und regelmäßig zu aktualisieren, dass seine individuellen Geschäftsmodelle, geografischen und sektoralen Tätigkeitsbereiche und die damit verbundene Risikobewertung widerspiegelt. Solche Sanktions-Compliance-Programme können bei der Erkennung von Warntransaktionen helfen, die auf ein Umgehungsmuster hinweisen können “.

In dem Leitfaden der EU-Kommission werden Hinweise zu einem 5 Schritte Modell gegeben:

  1. Identifizierung von Bedrohungen und Schwachstellen
  2. Risikoanalyse
  3. Gestaltung von Mitigierungsmaßnahmen
  4. Umsetzung von Abhilfemaßnahmen
  5. Regelmäßige Aktualisierung

Obwohl es kein einheitliches Modell für die Durchführung der Due-Diligence-Prüfung gibt, sollten EU-Unternehmen nach der in diesem Leitfaden dargelegten Bewertung der Umgehungsrisiken und -typologien ihre Bemühungen darauf ausrichten, den identifizierten Risiken gerecht zu werden. Dieser Risikobewertungs- und Risikomanagementansatz sollte die EU-Exporteure dazu veranlassen, einen verhältnismäßigen Ansatz zu verfolgen, indem sie sich insbesondere auf die Sektoren konzentrieren, die am stärksten von Umgehungsrisiken betroffen sind, und dementsprechend angemessene Systeme zur Verhinderung dieser Risiken einführen („verstärkte due diligence“).

Exportkontrolle als zentrale Überwachungsaufgabe im Unternehmen

Die aktuellen Entwicklungen zeigen auf, wie wichtig nicht nur einzelne Reaktionen auf Sanktionen, sondern eine Organisation der Exportkontrolle für Unternehmen mit weltweiten Geschäftsaktivitäten ist. Dabei sind sowohl die Überwachung von Sanktionen und Embargos zu gewährleisten als auch eine professionelle Überwachung der zu exportierenden Güter zu sichern. Weiterhin müssen die Unternehmen eine Organisation gegenüber den Behörden nachweisen, die eine rechtsichere Exportkontrolle fordert. Diese Aufgabe wird oft in den Unternehmen an verschiedenen Stellen mehr oder minder durchgängig organisiert, so dass im Falle von Exportverstößen Strafen für die Unternehmen und deren Verantwortlichen die Folge sind.

Für diese komplexen Vorgänge sind Experten wie der Export Compliance Officer sehr gefragt und übernehmen dabei eine zentrale Rolle im Unternehmen. Als direkter Manager der Geschäftsleitung bzw. des Ausfuhrverantwortlichen übernimmt er die gesamte Verantwortung für die Organisation und die Umsetzung aller notwendigen Aufgaben und Maßnahmen im Bereich der Exportkontrolle. Darüber hinaus überwacht der Export Compliance Officer die Einhaltung dieser Anforderungen sowie Durchführung aller Exportgeschäfte des Unternehmens. Als direkter Berater der Unternehmensleitung ist er darüber hinaus mit weitreichenden fachlichen Kompetenzen ausgestattet, um die Anforderung im Unternehmen durchzusetzen.
Für diese komplexe Aufgabenstellung bieten wir Ihnen ein perfektes Fernstudium zum Certified Export Compliance Officer an.

Mit dem Fernlehrgang zum Export Compliance-Officer haben Sie eine optimale Perspektive sowohl für eine persönliche Neuorientierung als auch für die nachhaltige Weiterentwicklung und Festigung des bestehenden Arbeitsplatzes in kleinen, mittleren und großen Unternehmen.

Der Lehrgang Certified Export Compliance Officer bietet Ihnen hier einerseits die gesamten Grundkenntnisse des Exportkontrollrechts, die Sie als Ausfuhrverantwortlicher beachten müssen. Darüber hinaus vermittelt Ihnen der Lehrgang die wichtigen Grundlagen, um ein Export-Compliance System erfolgreich in Ihrem Unternehmen einzuführen und zu überwachen. Neben den rechtlichen Grundlagen wie z. B. der Dual-Use-Verordnung oder dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz behandelt der Lehrgang wichtige Praxisthemen und Praxisbeispiele, die Sie in Ihrer täglichen Aufgabe anwenden können.

Quellen:
EU verabschiedet zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine 13. Sanktionspaket gegen Russland, Pressemitteilung vom 23.02.2024
EU-Kommission Leitfaden: Guidance for EU operators: Implementing enhanced due diligence to shield against Russia sanctions circumvention.
Rahel Winkelmann: Schweizer Exporte: Verdacht auf Umgehungsgeschäfte an Russland, SWI Swissinfo.ch
Statistisches Bundesamt (Destatis) Exporte in GUS-Staaten ohne Russland, Pressemitteilung vom 13.12.2023
Statistisches Bundesamt (Destatis) Exporte in GUS-Staaten ohne Russland, Pressemitteilung vom 13.06.2023

Wie ESG-Praktiken durch KI unterstützt werden können!

Prolog:

„Der Wandel zu einer klimaneutralen Welt wird jedes Unternehmen und jede Branche fundamental verändern.“
Laurence Douglas „Larry“ Fink (* 2. November 1952). Gründer, Aufsichtsratsvorsitzender und Vorstandsvorsitzender der weltgrößten Vermögensverwaltung BlackRock.

Was ist künstliche Intelligenz?
Künstliche Intelligenz (KI) ist eine Technologie, die es Computern und digitalen Geräten ermöglicht, zu lernen, zu lesen, zu schreiben, zu sprechen, zu sehen, zu kreieren, zu spielen, zu analysieren, Empfehlungen abzugeben und andere Dinge zu tun, die Menschen tun.

Eine kurze Reise in der Zeit zurück
Die Idee und der Wunsch der Menschen, eine denkende Maschine zu erschaffen, ist keine neue Idee oder ein neuzeitlicher Wunsch. Die Idee oder das Konzept von denkenden, künstlichen Wesen beziehungsweise Robotern hat seinen Ursprung bereits in der Antike. In diesem Zusammenhang sind die griechischen Dichter Homer und Hesiod zu nennen. Hesiod erzählt von Talos, dem bronzenen Riesen, der vom Schmiedegott Hephaistos geschaffen wurde, um Europa, die Tochter des Zeus, auf der griechischen Insel Kreta vor einer Entführung zu beschützen. Die Geburt des denkenden „Maschinenmenschen“.

Timeline Künstliche Intelligent (KI)
Für die Neuzeit ergeben sich im Hinblick auf KI die nachfolgenden historischen Meilensteine, ohne die eine Entwicklung und Nutzung von künstlicher Intelligenz auf dem jetzigen Stand undenkbar wären.

1950:
Alan Turing veröffentlicht Computing Machinery and Intelligence. In diesem Aufsatz stellt Turing, der für das Deschiffrieren des deutschen ENIGMA-Codes während des Zweiten Weltkriegs berühmt wurde und oft als „Vater der Informatik“ bezeichnet wird, die folgende Frage: „Können Maschinen denken?“ Er entwickelt einen Test, der heute als „Turing-Test“ bekannt ist und bei dem ein Mensch versucht, zwischen einer Computer- und einer menschlichen Textantwort zu unterscheiden. Anmerkung: Gut 70 Jahre später wird genau dieser Test heute sowohl bei ChatGPT-3 als auch bei der Weiterentwicklung ChatGPT-4 immer noch eingesetzt.

1956:
John McCarthy prägt den Begriff „künstliche Intelligenz“ auf der allerersten KI-Konferenz am Dartmouth College. Im selben Jahr entwickeln Allen Newell, J.C. Shaw und Herbert Simon den Logic Theorist, das erste laufende KI-Softwareprogramm.

1967:
Frank Rosenblatt baut den Mark 1 Perceptron, den ersten Computer, der auf einem neuronalen Netzwerk basiert, das durch Versuch und Irrtum “ (Konzept Try and Error) lernt“.

1980er Jahre:
Neuronale Netze, die einen Backpropagation-Algorithmus verwenden, um sich selbst zu trainieren, werden in KI-Anwendungen weithin eingesetzt.

1995:
Stuart Russell und Peter Norvig veröffentlichen „Artificial Intelligence: A Modern Approach“, das zu einem der führenden Lehrbücher im Bereich der KI wird. Darin befassen sie sich mit vier möglichen Zielen oder Definitionen von KI, die Computersysteme auf der Grundlage von Rationalität und Denken bzw. Handeln unterscheiden.

  • Menschlicher Ansatz: Systeme, die wie Menschen denken und Systeme, die wie Menschen handeln
  • Idealer Ansatz: Systeme, die rational denken und rational handelnde Systeme

1997:
Der Computer Deep Blue besiegt den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow in zwei Schachspeilen gegeneinander.

2004:
John McCarthy schreibt einen Artikel mit dem Titel „What is Artificial Intelligence?“ und schlägt die oft zitierte Definition von KI vor. Sie lautet: Sie (.. die KI ..) ist die Wissenschaft und Technik der Entwicklung intelligenter Maschinen, insbesondere intelligenter Computerprogramme. Sie ist verwandt mit der ähnlichen Aufgabe, Computer zu nutzen, um die menschliche Intelligenz zu verstehen, aber KI muss sich nicht auf Methoden beschränken, die biologisch beobachtbar sind.

2011:
KI taucht zum ersten Mal für Testzwecke im Entertainment-Bereich auf: Die Maschine Watson besiegt die menschlichen Champions Ken Jennings und Brad Rutter bei Jeopardy! Das Spielprinzip von Jeopardy! besteht darin, dass es sich um ein sogenanntes Reverse-Quiz handelt. Es werden keine Antworten auf Fragen gesucht, sondern die Frage zu den vorgegebenen Antworten.

2016:
Das DeepMind-Programm AlphaGo, das von einem tiefen neuronalen Netzwerk angetrieben wird, besiegt Lee Sodol, den Go-Weltmeister, in einem Fünf-Spiele-Match. Der Sieg ist angesichts der riesigen Anzahl möglicher Züge im Verlauf des Spiels (über 14,5 Billionen nach nur vier Zügen!) von großer Bedeutung und ein Sieg der Maschine galt bis dahin gleichermaßen unter Wissenschaftlern wie Computerspezialisten für KI als unmöglich.

2023:
Ein Anstieg großer Sprachmodelle (LLMs) wie ChatGPT führt zu einer enormen Veränderung in der Leistung von KI und ihrem Potenzial zur Steigerung des Unternehmenswertes. Mit diesen neuen generativen KI-Praktiken können Deep-Learning-Modelle auf riesigen Mengen von unbeschrifteten Rohdaten vortrainiert werden.

Arten von KI
Wo aber liegen nun nach diesen Definitionen und teils verschiedenen Anwendungen die Unterschiede von künstlicher Intelligenz und wie wird KI jetzt und in der Zukunft eingesetzt? KI kann in zwei Haupttypen eingeteilt werden:

  • Enge KI (Narrow / Weak AI)
  • Allgemeine KI (General / Strong AI).

Narrow KI: Enge KI ist darauf ausgelegt, bestimmte Aufgaben zu erfüllen und sich dabei auszuzeichnen. Beispiele hierfür sind Sprachassistenten wie Siri, Empfehlungssysteme und autonome Fahrzeuge. Diese Systeme sind hoch spezialisiert und verfügen nicht über die umfassenden kognitiven Fähigkeiten des Menschen.

General KI: Allgemeine KI bezieht sich auf Maschinen, die über menschenähnliche kognitive Fähigkeiten verfügen, einschließlich Verstehen, Lernen, Argumentieren und Problemlösung in verschiedenen Bereichen. Das Erreichen einer allgemeinen KI ist ein langfristiges Ziel und Gegenstand laufender Forschung.

Anwendungen von KI
KI findet in zahlreichen Bereichen Anwendung, verändert die Industrie und schafft neue Möglichkeiten. An erster Stelle sind dies die nachfolgenden Schwerpunkte:

  • Gesundheitswesen: KI hilft bei der Diagnose von Krankheiten, der Entdeckung von Medikamenten und der Erstellung personalisierter Behandlungspläne.
  • Finanzwesen: KI-Algorithmen werden für den Handel, die Betrugserkennung und die Kreditwürdigkeitsprüfung eingesetzt.
  • Bildung: KI-gesteuerte Bildungsplattformen bieten personalisierte Lernerfahrungen.
  • Fertigung: Roboter und KI-gesteuerte Maschinen verbessern Produktionsprozesse.
  • Unterhaltung: KI wird für die Erstellung von Videospielcharakteren, Spezialeffekten und personalisierten Inhaltsempfehlungen eingesetzt.
  • Transportwesen: Selbstfahrende Autos und vorausschauende Wartung in der Logistik sind KI-gesteuerte Fortschritte.

ESG und KI oder „Wie ESG jetzt und in der Zukunft von künstlicher Intelligenz profitieren kann“

Während die Geschäftswelt das Potenzial von ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) zur Förderung positiver Veränderungen immer mehr erkennt, kann die Integration von KI-Technologie diese Bemühungen noch verstärken. Genau dies haben wir in unseren vorherigen Blogbeiträgen deutlich herausgearbeitet, zum Beispiel bei der Analyse einer aktuellen Studie aus dem Jahr 2023 zum Thema ESG und Compliance.

Datenerfassung
Eine der größten Potentiale und Stärken der KI liegt in ihrer Fähigkeit, die Erfassung von ESG-Daten zu automatisieren und zu rationalisieren. Herkömmliche Methoden zur Erfassung dieser Daten waren arbeitsintensiv und zeitaufwändig. Ein großes und wichtiges Thema für Unternehmen, wie auch in den Zahlen der oben bereits erwähnten Studie aus dem Jahr 2023 zu ersehen ist.

Mit KI können Unternehmen jedoch schnell und effizient sehr große Mengen an Informationen und Daten aus einer Vielzahl von Quellen sammeln und verarbeiten. Diese beschleunigte Datenaggregation spart nicht nur Zeit, sondern gewährleistet auch genauere und vollständigere Erkenntnisse. Hier kann nicht nur deutlich Zeit gespart werden, sondern es werden auch Risiken für das Unternehmen deutlich minimiert.

Einhaltung gesetzlicher Vorschriften
Durch die Überwachung in Realtime kann KI-Unternehmen auf dem Laufenden halten, wenn es um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften geht, und so das Risiko der Nichteinhaltung minimieren. Die Vorhersagefähigkeiten von KI helfen Unternehmen, sich proaktiv auf bekannte künftige gesetzliche Änderungen einzustellen. Eine schnelle Reaktionszeit ist somit deutlich gegeben.

KI kann auch dazu beitragen, die Genauigkeit und Gültigkeit von ESG-Daten sicherzustellen – ein wichtiger Aspekt der Compliance-Berichterstattung. Durch die Identifizierung von Unstimmigkeiten oder Anomalien minimiert KI das Risiko, den Aufsichtsbehörden ungenaue Informationen zu übermitteln. Hier sind alle Mitarbeiter der Compliance-Abteilung im Unternehmen gefragt und die Schulung bzw. ständige und aktuelle Weiterbildung ist unumgänglich für jedes Unternehmen. Ausdrücklich gilt die branchen- und größenübergreifend für alle Unternehmen, egal ob sie national oder international tätig sind.

Überwachung der Reputation
Die Vorteile von KI gehen über ihre Schnelligkeit und Präzision hinaus. Die Fähigkeit der KI, Text zu analysieren, ermöglicht es ihr, Einblicke in die öffentliche Wahrnehmung des Rufs eines Unternehmens zu gewinnen. Dieser Einblick bietet eine nuancierte Sichtweise, die strategische Entscheidungen beeinflussen kann. Weiterhin können schon diese ersten Einblicke deutlich risikominimierend für eine bestehende oder spätere Zusammenarbeit, zum Beispiel bei Partnern der internen Lieferketten, sein.

So kann KI beispielsweise in Echtzeit Nachrichten und Erwähnungen in sozialen Medien verfolgen, die sich auf die Umweltauswirkungen eines Unternehmens, Arbeitspraktiken und Fragen der Unternehmensführung beziehen. Besonders wichtig, dass die KI dies nicht nur national, sondern global überwachen kann. Sie kann diese Informationen verarbeiten, um aufkommende Trends oder Bedenken zu erkennen und proaktive Maßnahmen zu ESG-Themen zu ermöglichen.

Identifizierung von Trends
Mithilfe fortschrittlicher maschineller Lerntechniken können KI-Algorithmen komplexe Muster, Zusammenhänge und Korrelationen zwischen verschiedenen ESG-bezogenen Variablen erkennen, die für menschliche Beobachter möglicherweise nicht sofort ersichtlich sind. Diese Muster geben Aufschluss darüber, wie verschiedene ESG-Faktoren miteinander interagieren und sich gegenseitig beeinflussen, so dass Unternehmen das komplexe Geflecht oder Zusammenhänge von Nachhaltigkeitsthemen besser verstehen können.

Ein Bereich, in dem die KI-gestützte Trenderkennung einen erheblichen Einfluss hat, ist die Überwachung der Lieferkette. KI kann eine Vielzahl von Quellen durchforsten, z. B. Leistungsberichte von Lieferanten, Daten zur Einhaltung von Vorschriften und Nachrichtenartikel, um potenzielle Risiken und Verstöße in Lieferketten zu erkennen.

Herausforderungen beim Einsatz von KI für ESG
Obwohl die KI-Technologie erhebliche Vorteile bei der Neugestaltung von ESG-Praktiken bietet, gibt es einige bedeutende Herausforderungen, die berücksichtigt werden müssen.

Datenschutz
Datenschutzbedenken ergeben sich aus den großen Mengen an sensiblen Informationen, auf die KI-Algorithmen zugreifen können. ESG-Daten enthalten oft persönliche und vertrauliche Informationen über Mitarbeiter, Stakeholder und Organisationen oder Gemeinschaften. Es muss im Unternehmen sichergestellt werden, dass bei der Datenerfassung und -nutzung strenge Datenschutzbestimmungen eingehalten werden, um Verstöße im Hinblick auf Datenmissbrauch zu verhindern, die die Rechte des Einzelnen beeinträchtigen und das Vertrauen untergraben oder gefährden könnten.

Ökologische Herausforderungen
Obwohl die KI vielversprechend für die Optimierung zahlreicher Prozesse ist, hat ihr schnelles Wachstum Bedenken hinsichtlich ihrer negativen Auswirkungen auf die Umwelt aufgeworfen. Ein Hauptproblem ist der erhebliche Energieverbrauch, der mit dem Training und dem Betrieb komplexer KI-Modelle verbunden ist. Die für Deep-Learning-Algorithmen erforderlichen Berechnungen können erhebliche Mengen an Strom verbrauchen, was zu einem Anstieg der Kohlenstoffemissionen beiträgt und die durch den Energieverbrauch bedingten Umweltprobleme noch verschärft.

Der übermäßige Wasserverbrauch ist ein weiteres wichtiges Umweltproblem im Zusammenhang mit dem Wachstum der KI-Technologien. Die massiven Rechenanforderungen von KI-Systemen, insbesondere von Deep-Learning-Modellen, erfordern umfangreiche Kühlmechanismen, um eine Überhitzung der Hardware zu verhindern. Für die Kühlung von Rechenzentren und Hochleistungsrechenanlagen werden große Mengen an Wasser benötigt, was häufig zu einem erhöhten Wasserverbrauch in den Regionen führt, in denen sich diese Anlagen befinden.

Abwägen von Risiko und Vorteil bei KI und ESG
Es steht außer Frage, dass die künstliche Intelligenz jetzt und in den nächsten Jahren und Jahrzehnten den Bereich ESG im Hinblick auf Sustainability und Compliance deutlich beeinflussen und prägen wird. Ausdrücklich gilt dies größen- und branchenübergreifend im Hinblick auf alle Unternehmen.

Transparenz und ethische KI-Praktiken sind daher unerlässlich, um die mit KI verbundenen Risiken zu mindern. Transparente KI-Algorithmen ermöglichen es den Stakeholdern nachzuvollziehen, wie Entscheidungen getroffen werden, und gewährleisten die Rechenschaftspflicht. Die Umsetzung ethischer KI-Praktiken umfasst nicht nur den Datenschutz und die Vermeidung von Verzerrungen, sondern auch eine klare Kommunikation des Zwecks und der Auswirkungen von KI-gestützten ESG-Erkenntnissen.

Bei der Integration von KI in ESG-Praktiken muss ein Gleichgewicht zwischen der Nutzung des Potenzials von KI zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und der Berücksichtigung von Bedenken im Zusammenhang mit den ökologischen, sozialen und Governance-Themen, die ESG verfolgt, gefunden werden, um den Nutzen zu maximieren.

Certified ESG Compliance Officer – Jetzt mit der Weiterbildung starten!

Nutzen Sie daher jetzt unsere aktuelle Weiterbildung im ESG-Bereich! Positionieren Sie sich jetzt im ESG-Umfeld und sichern Sie sich ihre berufliche Zukunft oder den nachhaltigen Erfolg ihres Unternehmens. Alle Informationen zum ESG Compliance Officer finden Sie hier: Fernstudium Certified ESG Compliance Officer

Quelle:
Was ist künstliche Intelligenz (AI)? / I B M 2024